M.Bassy realisiert die interdisziplinäre Projektreihe »Composing While Black. Afrodiasporische Neue Musik Heute«, co-kuratiert von dem Musikwissenschaftler, Autoren sowie Saxofonisten Harald Kisiedu. Dafür laden wir als internationale Gäste die Komponist:innen, Musiker*innen, Musikwissenschaftler:innen und Denker :innen George E. Lewis (USA), Daniele G. Daude & The String Archestra (Berlin) und Elaine Mitchener (UK) nach Hamburg ein.
Ausgangspunkt des Projektes ist die von Kisiedu & Lewis im Jahr 2023 herausgegebene zweisprachige Essaysammlung »Composing While Black. Afrodiasporische Neue Musik Heute | Afrodiasporic New Music Today«, die das Leben und die Werke von zeitgenössischen Komponist:innen von 1960 bis heute ins Zentrum stellt, deren Schaffen von der Forschung, der Programmgestaltung von Konzerten und journalistischen Darstellungen vor allem in Europa bisher weitgehend ignoriert wurde. Die Publikation zeigt die Kraft und schöpferische Bandbreite Schwarzer Protagonist:innen im Bereich Neuer Musik auf und dekonstruiert die Wahrnehmung dieses Feldes als weiß.
Die Reihe erlaubt dem Publikum neue Perspektiven auf Afrodiasporische Komponist:innen zu werfen und sie nicht nur als teilhabende kreative Akteur:innen, sondern auch als soziale Figuren innerhalb weit verzweigter, komplex vernetzter Gemeinschaften in dem sich ständig erweiternden Universum musikalischer Möglichkeiten zu verorten. In drei hybriden Veranstaltungsformaten wird Harald Kisiedu unter der Moderation des Journalisten und Musikers Musa Okwonga in einen individuellen Dialog mit dem jeweiligen Gast gehen. In Music Talks, gemeinsamen Listening Sessions und experimentellen live-Musikperformances werden auf multisensorischer Ebene neue Perspektiven erarbeiten, um zu verdeutlichen wie Afrodiasporische Neue Musik einen interkulturellen, generationen-übergreifenden Raum der Innovation, des zeitgenössischen Diskurses und der Identitätsfindung eröffnen kann.
Die erste Veranstaltung findet mit dem amerikanischen Komponisten, Musikwissenschaftler und Posaunisten George E. Lewis statt, der zudem Professor für amerikanische Musik an der Columbia University ist und derzeit als Fellow am Institute for Ideas and Imagination in Paris an dem Projekt »Finding the Sound of Freedom: Artificial Intelligence in Real-Time Musical Creativity« arbeitet. In einem Musik Talk mit begleitender Listening Session und einem Opera Screening wird er mit Harald Kisiedu in die Musik eintauchen und uns sein Schaffen näherbringen. Bei der zweiten Veranstaltung wird die deutsch-französische Wissenschaftlerin und Dramaturgin für Musik, Oper, Theater & Performance Daniele G. Daude sowie drei Musiker des klassischen Streicherensembles The String Archestra aus Berlin ausgewählte Kompositionen spielen bevor Daude zusammen mit Kisiedu dem Themenfeld auf diskursiver Ebene begegnet. Daude gründete 2016 The String Archestra mit dem Ziel, Werke von BIPoC-Komponist:innen aufzuführen, die sowohl aus der kanonischen Musikgeschichtsschreibung als auch aus dem standardisierten Konzertrepertoire völlig verschwunden sind. Bei der dritten Veranstaltung erwartet das Publikum eine interdisziplinäre live-Performance zwischen Musik, Klang, Text, Improvisation und Körperbewegung der Vokalistin, Bewegungskünstlerin und Komponistin Elaine Mitchener. Im Anschluss daran wird die interdisziplinäre Künstlerin und Musikerin aus London, UK, mit Kisiedu ein Gespräch über die Historie Schwarzen Seins zwischen Klang und Bewegung führen.
Harald Kisiedu
Harald Kisiedu ist Musikwissenschaftler, Autor sowie Musiker, der an der Columbia University; New York, USA promovierte und heute in Hamburg lebt. Zu seinen Interessensschwerpunkten zählen Jazz als globales Phänomen, klassische und experimentelle Musik der afrikanischen Diaspora, Musik und Politik, Improvisation und Wagner. Als Saxophonist ist er u. a. mit Branford Marsalis, George E. Lewis, Henry Grimes, Hannibal Lokumbe und Champion Jack Dupree aufgetreten. Er war Dozent an der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« in Leipzig und am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück. Sein Buch »European Echoes: Jazz Experimentalism in Germany: 1950-1975« ist 2020 erschienen. 2023 veröffentlichte er zusammen mit George E. Lewis den Essayband »Composing While Black. Afrodiasporische Neue Musik Heute«.
George E. Lewis
George E. Lewis (*1952) ist ein amerikanischer Komponist, Musikwissenschaftler und Posaunist. Er ist Edwin H. Case Professor of American Music an der Columbia University und Area Chair im Fach Komposition an der Fakultät für Historische Musikwissenschaft. Er ist Fellow der American Academy of Arts and Sciences, der American Academy of Arts and Letters, Corresponding Fellow der British Academy, und Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Weitere Ehrungen für Lewis sind unter anderem der Doris Duke Artist Award (2019), Fellowships der MacArthur Foundation (2002), und der Guggenheim Foundation (2015). Er ist seit 1971 Mitglied der Association for the Advancement of Creative Musicians (AACM) und seine Arbeiten im Bereich der elektronischen und computergestützten Musik und Multimedia-Installation sowie notierter und improvisierter Formate sind von Ensembles weltweit aufgeführt. Er gilt weithin als Pionier der interaktiven Computermusik. Sein Buch »A Power Stronger Than Itself: The AACM and American Experimental Music« (2008) erhielt den American Book Award und den American Culture Award der American Musicological Society. Lewis und Benjamin Piekut sind Mitherausgeber des zweibändigen »Oxford Handbook of Critical Improvisation Studies« (2016). Lewis erhielt die Ehrendoktorwürde der University of Edinburgh, des New College of Florida und der Harvard University. Derzeit arbeitet er als Fellow am Institute for Ideas and Imagination in Paris an dem Projekt »Finding the Sound of Freedom: Artificial Intelligence in Real-Time Musical Creativity«.
Daniele G. Daude
Daniele G. Daude (Dr. Dr. phil.) ist Wissenschaftlerin, Geigerin, Chorleiterin und Dramaturgin. Daude schloss 2001 ihr Studium mit Auszeichnung (Violine und Kammermusik) am Conservatoire National (CNR) Région Aubervilliers ab. Sie promovierte 2011 in Theaterwissenschaft an der deutschen Freien Universität und 2013 in Musikwissenschaft an der französischen Université Paris 8 und lehrt seit 2008 an deutschen und französischen Universitäten. 2013-2015 war Daude Gastprofessor der Abteilung für Darstellende Kunst an der Kunstuniversität „Campus Caribéen des Arts“ (Martinique). 2016 gründete sie das String Archestra, um die Arbeit Schwarzer, indigener und Farbiger Komponisten in der deutschen Klassiklandschaft zu fördern. 2023 ist Daude Leiter des Ringlokschuppen Ruhr, einem Theater für die internationale freie Szene. Daude arbeitet als Wissenschaftlerin, Dozentin (derzeit an der UdK, Berlin), Dramaturgin und Kuratorin.
The String Archestra
The String Archestra wurde 2016 von der Wissenschaftlerin und Dramaturgin Dr. Dr. Daniele G. Daude gegründet, um das Werk Schwarzer, indigener und Farbiger Komponisten zu fördern, die aus dem Konzertrepertoire und der kanonischen klassischen Musikgeschichte verschwunden sind. Im Jahr 2021 gewann The String Archestra den TONALi Award in der Kategorie „Umbruch“ und trat in der Elbphilharmonie in Hamburg auf. The String Archestra arbeitet mit einer Vielzahl von Komponist*innen zusammen, darunter Ayanna Witter-Johnson, Anthony R. Green, Jessie Montgomery, MARIAMA, Shannon Sea, Shelly Phillips, Craig Harris und Philo Tsoungui.
Kodwo Eshun
Kodwo Eshun ist Kulturtheoretiker, Schriftsteller und Journalist. Er studierte Englische Literatur am University College der University of Oxford, UK. 1998 erschien sein literarisches Werk »More Brilliant than the Sun: Adventures in Sonic Fiction« (deutsche Ausgabe »Heller als die Sonne: Abenteuer in Sonic Fiction« 1999), in dem Eshun sich mit elektronischer afroamerikanischer Musik auseinandersetzt. Begleitend erschien das mit Franz Pomassl produzierte Album »Architectronics«. Gemeinsam mit Anjalika Sagar gründete Eshun 2002 das Künstlerkollektivs The Otolith Group. Er schreibt regelmäßig für Magazine wie Frieze, The Wire und Sight and Sound. Zudem unterrichtet er an der Goldsmiths University of London, UK das Fach »Aural and Visual Culture«. Dabei hat er sich auf Kunst und kritische Theorie spezialisiert und verlinkt Black Studies, anglophonen Panafrikanismus, den Essayfilm und diasporische Futurismen mit zeitgenössischer Musikalität.
Elaine Mitchener
Elaine Mitchener (*1970) ist eine britische afrokaribische Sängerin, Bewegungskünstlerin und Komponistin, die zwischen zeitgenössischer/experimenteller neuer Musik, freier Improvisation und bildender Kunst arbeitet. Sie ist derzeit Associate Artist in der Wigmore Hall, war DAAD Artist-in-Berlin Fellow (2022) und stellte bei der British Art Show 9 (2021-22) aus. Im Februar 2022 wurde Mitchener ein MBE für Verdienste um die Musik verliehen. Sie ist Gründerin der kollektiven elektroakustischen Gruppe The Rolling Calf (mit Jason Yarde und Neil Charles). Zu ihren regelmäßigen Partnern gehören Komponist:innen wie George E. Lewis, Jennifer Walshe, die bildenden Künstler Sonia Boyce und The Otolith Group, die Kammerensembles Apartment House, London Sinfonietta, Ensemble MAM, Ensemble Klang und Klangforum Wien, die Kompanie des Choreografen Dam van Huynh sowie experimentelle Musiker:innen wie Moor Mother, Loré Lixenberg, Saul Williams, Pat Thomas und David Toop. Zu den jüngsten Aufführungen zählen: Donaueschinger Musiktage, MaerzMusik, Baremboim-Said Akademie, Cafe Oto, Konzerthaus Wien, Radialsystem V, Centre Pompidou, Muziekgebouw, Darmstadt, ICA London, London Contemporary Music Festival, Korzo Theater, Royal Opera House, Barbican, November Music, Savvy Contemporary, Sons d'Hiver, Haus der Berliner Festspiele und die Cooper Gallery. Während sie ihre eigenen Projekte entwickelt, arbeitet Elaine weiterhin als kollaborative und interpretierende Sängerin.
Event #1: Music Talk, Listening Session & Opera Screening mit George E. Lewis & Harald Kisiedu, moderiert von Musa Okwonga
15. Februar 2025, 19 Uhr
Begrenzte Plätze verfügbar. Bitte reservieren via: reservation@m-bassy.org
Event #2: Live Performance von Daniele G. Daude & The String Archestra und Music Talk mit Daniele G. Daude & Harald Kisiedu, moderiert von Jumoke Olusanmi
- Juli 2025, 19 Uhr
Event #3: Music Talk & Listening Session mit Kodwo Eshun & Harald Kisiedu
(Der Termin wird in Kürze bekannt gegeben!)
Event #4: Live Performance & Music Talk mit Elaine Mitchener & Harald Kisiedu
- November 2025, 19 Uhr
Die Projektreihe wird durch den Musikstadtfonds der Behörde für Kultur und Medien Hamburg sowie von der GVL gefördert.